Berufliche Perspektive gesucht und neue Heimat gefunden – das Welcome Center Heidekreis unterstützt Fachkräfte aus dem Ausland dabei

Wer aus der Ferne kommt und im Heidekreis eine berufliche Perspektive sucht, findet beim Welcome Center Heidekreis Unterstützung. Das Welcome Center unterstützt Fachkräfte aus dem Ausland und Unternehmen aus dem Heidekreis dabei zusammenzufinden, Barrieren abzubauen und eine langfristige Zusammenarbeit zu fördern. Sinem Aba ist Mitarbeiterin im Welcome Center und hat uns Einblicke in die Angebote gegeben.

Hallo Frau Aba, stellen Sie sich und das Welcome Center Heidekreis bitte einmal kurz vor.

Mein Name ist Sinem Aba und ich arbeite beim Welcome Center Heidekreis und als Koordinatorin im Projekt Integrationsbegleitung für Migranten (IBM) bei der VHS Heidekreis. Vor meiner Tätigkeit im Welcome Center habe ich an der Freien Universität Berlin Geschichts- und Kulturwissenschaften des Vorderen Orients studiert sowie zusätzlich eine Ausbildung im Tourismusbereich absolviert.
Das Welcome Center Heidekreis ist eine Servicestelle für Interessent:innen aus dem Ausland, die den Wunsch haben, ihr Können und ihre Talente auf dem deutschen Arbeitsmarkt anzubieten. Für Unternehmen aus dem Heidekreis, die Fachkräfte aus dem Ausland in ihren Betrieb integrieren möchten, bieten wir ebenfalls Unterstützung an.

Seit wann arbeiten Sie beim Welcome Center und was genau sind Ihre Aufgaben dort?

Ich arbeite seit etwas über einem Jahr im Welcome Center Heidekreis. Zu meinen vielfältigen Aufgaben gehören zum Beispiel sowohl die Beratung von Interessent:innen, der Besuch von Sprachkursen an der VHS Heidekreis (mit dem Ziel das Welcome Center Heidekreis und seine Leistungen bekannter zu machen), als auch der Besuch von Netzwerkveranstaltungen sowie die Organisation und Durchführung von Veranstaltungen, zu denen das Welcome Center Heidekreis einlädt.

Wie sind Sie zum Welcome Center gekommen und was begeistert Sie an der Arbeit?

Ich habe online die interessante Stellenbeschreibung gesehen und mich beworben. Das was mich begeistert, ist vor allem der Kontakt zu den Menschen aus dem Ausland, die hier bei uns im Heidekreis einen Neuanfang machen wollen. Es bereitet mir große Freude Menschen unterschiedlicher Herkunft und Hintergründe kennenzulernen, sie auf ihrem Weg zu unterstützen und ihren Werdegang zu begleiten. Besonders Spaß macht es mir, in diesem Rahmen meine Fremdsprachenkenntnisse einzusetzen (Italienisch und Türkisch).

Wie können Unternehmen vorgehen, wenn sie Fachkräfte aus dem Ausland rekrutieren wollen?

Sie können sich zunächst einmal an das Welcome Center Heidekreis wenden, das Fragen zu sämtlichen Themen rund um die Fachkräfterekrutierung beantwortet. Viele Arbeitgeber:innen haben beispielsweise Fragen zur Visumserstellung, zum Ausländerrecht, benötigen Hilfe bei der Wohnungs- oder Kitaplatzsuche für ihre zukünftige Fachkraft. Möglicherweise bestehen noch Unklarheiten bezüglich der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse. Auch hierzu kann das Welcome Center Heidekreis beraten und an Berufsanerkennungsberatungsstellen, wie z. B. vom IQ Netzwerk Niedersachsen verweisen.
Ist ein Unternehmen noch auf der Suche nach der passenden Fachkraft, kann es sich beim Welcome Center Heidekreis melden, das dann gerne einen Kontakt zu einem passenden Ansprechpartner herstellt. Es gibt diverse Projekte öffentlicher Einrichtungen und Behörden, die sich auf die Rekrutierung aus dem Ausland spezialisiert haben. Ein Beispiel ist die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit. Diese ist vor allem für die Zuwanderung von Fachkräften aus dem Ausland und für die Vermittlung besonderer Berufsgruppen verantwortlich.
Die ZAV bietet zum Beispiel das Pilotprojekt „THAMM“ an, welches die faire und nachhaltige Gewinnung von Auszubildenden und Fachkräften aus den drei nordafrikanischen Ländern Ägypten, Marokko und Tunesien für die Branche Hotellerie und Gastgewerbe zum Ziel hat. Das Projekt „Triple Win“ ist ein Programm der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und der ZAV zur nachhaltigen Gewinnung von Pflegekräften aus dem Ausland.

Wie kann ein Onboarding ausländischer Fachkräfte gelingen?

Das Onboarding ist ein wichtiger Prozess für die Fachkräftebindung. Es bedeutet, dass neue Mitarbeiter:innen systematisch eingearbeitet und sozial in das Unternehmen integriert werden, was dann folglich zu einer Identifikation mit der Unternehmenskultur führt.
Der Onboardingprozess beginnt bereits vor oder mit der Vertragsunterschrift, wenn sich Unternehmen und Fachkraft kennenlernen. Bei Fachkräften aus dem Ausland kann dies in der Praxis bedeuten, dass erste Videotelefonate geführt und die neue Fachkraft Unterstützung von Seiten des Arbeitgebers erhält, wenn es um Angelegenheiten wie z. B. Visumserstellung, Wohnungssuche, Familiennachzug oder Anerkennungsverfahren geht. Bei all diesen Dingen kann das Welcome Center Heidekreis mit seiner 3,5-jährigen Erfahrung behilflich sein. Wir haben bereits zusammen mit Arbeitgebern und Fachkräften, die noch im Ausland lebten, Zoom-Interviews geführt, bei der Wohnungssuche unterstützt, die Kinderbetreuung organisiert, einen Deutschkurs vermittelt, den Familiennachzug geplant oder den Kontakt zur Anerkennungsberatungsstelle hergestellt. Gerne geben wir auch Arbeitgeber:innen Tipps, was beim Onboarding ausländischer Fachkräfte zu beachten ist und informieren über entsprechende Veranstaltungen unserer Netzwerkpartner, wie z. B. das IQ Netzwerk.

Wie können Arbeitgeber:innen Fachkräfte aus dem Ausland langfristig an das Unternehmen binden?

Der Schlüssel zu Mitarbeiterbindung ist Mitarbeiterzufriedenheit und das gilt sowohl für inländische als auch für ausländische Fachkräfte. Um diese Zufriedenheit hervorzurufen, benötigt es neben der gerechten Bezahlung noch weitere bekannte Faktoren wie z. B. ein gutes Betriebsklima, ein gesundes Arbeitsumfeld. Die Mitarbeiter:innen müssen sich mit ihren Aufgaben identifizieren können und klare berufliche Entwicklungsperspektiven haben. Eine gute Work-Life-Balance ist genauso wichtig wie Weiterbildungsangebote, weil erfolgreiche Weiterbildung Wertschätzung vermittelt, die Mitarbeiter motiviert und diese langfristig an ein Unternehmen bindet. Wichtig sind außerdem auch diverse Sozialleistungen wie eine betriebliche Altersvorsorge, eine betriebliche Krankenversicherung sowie Essens- und Fahrkostenzuschüsse.
Bei den ausländischen Fachkräften sollte neben dem beruflichen verstärkt das private Umfeld berücksichtigt werden. Dies wurde unter anderem auch im Rahmen des internationalen Forschungsprojekts „GLOMO – Global mobility of employees“ der Universität Bamberg festgestellt. Um das zu erreichen, sollten Betriebe im Idealfall ein Feel-Good-Management haben, das die neuen Mitarbeiter dabei unterstützt, sich im Gastland schnell und möglichst reibungslos einzuleben. Dazu gehören unter anderem eine Willkommensmappe, Beistand bei den Behördengängen und bei der Wohnungssuche oder Informationen und Unterstützung im Gesundheits- und Sportbereich, Hilfe im Bereich der Sprachförderung (dem Besuchen von Sprachkursen) und die Einrichtung von Newslettern mit den wichtigen sozialen und kulturellen Ereignissen in der Gegend. Außerdem besitzt die Familie eine Schlüsselrolle für Bindung und Leistungsfähigkeit der ausländischen Mitarbeiter:innen. Die Studie des Forschungsprojektes empfiehlt Unternehmen daher, in Zusammenarbeit mit Einwanderungsbehörden, Familienmitglieder zusammenzuführen und die Partner:innen der ausländischen Mitarbeiter:innen bei der Arbeitssuche zu unterstützen.
Die Rechnung dabei ist einfach: Wer sich willkommen und wertgeschätzt fühlt, schätzt auch seine:n Arbeitgeber:in und bleibt.

Welche Unterstützung bietet das Welcome Center Unternehmen bei der Rekrutierung, dem Onboarding und der Bindung ausländischer Fachkräfte?

Unser Angebot richtet sich an alle Unternehmen und insbesondere an KMUs, die über keine großen Personalabteilungen und Feel-Good-Manager:innen verfügen. Da wollen und können wir helfen. Unsere Serviceleistungen teilen wir in drei große Bereiche auf: Willkommen, Ankommen und Bleiben.
Im Bereich „Willkommen“ sind alle Hilfeleistungen enthalten, die vor dem Ankommen in den Heidekreis erfolgen. Hierzu gehören Informationen darüber, wie und wo die Unternehmen die ausländischen Fachkräfte finden können, über Einreisebestimmungen, verschiedene Visaverfahren und damit verbundene Kosten, Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis sowie die Betreuung der rekrutierten Fachkräfte in ihrer Heimat vor dem Ankommen per E-Mail oder Video-Anruf. Wir informieren Fachkräfte dabei über das Leben im Heidekreis und versuchen, falls gewünscht, für sie schon vorab eine temporäre Unterkunft zu finden oder weitere Fragen zu klären. Nach dem „Ankommen“ der ausländischen Fachkraft können wir die Unternehmen in verschiedenen Bereichen unterstützen und entlasten. Das ist unser Hauptaufgabenbereich, weil wir hier im Heidekreis leben und arbeiten und uns bestens auskennen. Wir bieten Hilfe bei der Anmeldung im Einwohnermeldeamt, der Eröffnung eines Bankkontos, bei der KfZ-An- und Ummeldung sowie der Führerscheinumschreibung oder bei der Auswahl der Krankenkasse, des Telefon- und Internetanbieters oder des Versorgungsbetriebes. Hilfe bei der Steuerklassenänderung und bei der Suche nach einer dauerhaften Wohnung gehören ebenso zu unseren Aufgaben.
Nach der Phase des Ankommens kommt die Phase des „Bleibens“, des echten Einlebens, in der sich dann entscheidet, ob ein:e Mitarbeiter:in bei einem Unternehmen bleiben wird oder nicht. Wir bieten in dieser Phase Orientierungsgespräche, um zu sehen, was die Person noch braucht. Das können Look-and-See-Trips sein, bei denen man sich über die Einkaufsmöglichkeiten, Freizeit-, Sport- und Kultureinrichtungen informieren kann oder darüber wo es welche Ärzte, Kindertagesstätten oder Schulen gibt. Wir helfen auch bei der Familienzusammenführung, bei der Jobsuche für den/die Partner:in, Kinder- oder Elterngeldbeantragung sowie vielen weiteren Themen.

Wie unterstützt das Welcome Center Fachkräfte beim Ankommen im Heidekreis und gab es einen „Fall“, der Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?

Wir unterstützen die Fachkräfte beim Ankommen im Heidekreis, indem wir als Ansprechpartner: innen vor Ort zur Verfügung stehen, sei es bei der Wohnungssuche, bei Sachverhalten bürokratischer Art, die geklärt werden müssen oder aber auch bei der Organisation eines Deutschkurses. Wir haben für unsere Teilnehmer:innen immer ein offenes Ohr und verweisen auch an die richtige Stelle, wenn wir nicht der richtige Ansprechpartner sind.
Am meisten hat mich der Fall eines jungen rumänischen Bewerbers beeindruckt. Er ist in den Heidekreis gekommen und hat eine Einstiegsqualifizierung unter erschwerten Corona-Bedingungen in einem Elektrobetrieb absolviert. Im Anschluss konnte er seine Ausbildung als Elektriker in diesem Betrieb beginnen. Der junge Mann ist sehr fleißig und zielstrebig und ein positives Beispiel dafür, dass sich Engagement und Durchhaltevermögen, auch bezüglich seiner Motivation Deutsch zu lernen, auszahlen.

Was macht den Heidekreis aus Ihrer Sicht zu einer attraktiven und lebenswerten Region für Fachkräfte?

Der Heidekreis hat mit der Lüneburger Heide eine wunderschöne Naturlandschaft, man kann hier ein ruhiges und angenehmes Leben führen. Wir haben viele Freizeitangebote und auch die Nähe zu Bremen, Hannover und Hamburg ist sehr vorteilhaft, wenn es einem doch mal zu ruhig wird.

Vielen Dank für das Gespräch!

Foto: Welcome Center Heidekreis

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