Wir haben mit Christine Wildemann, Geschäftsführerin der E.F.M. GmbH in Schneverdingen, über die Arbeit des Familienunternehmens, die große Bedeutung von Forschung und Entwicklung in ihrem Geschäftsfeld und wie sie eine neue Mitarbeiterin über die (Forschungs-)Netzwerke von EFM gewinnen konnten, gesprochen.
Hallo Christine, wer bist du, was machst du, was ist das Kerngeschäft von EFM?
Ich bin Geschäftsführerin von EFM und wir sind ein mittelständisches Familienunternehmen aus Schneverdingen im Heidekreis. Das Geschäft führe ich zusammen mit meinem Bruder Martin in zweiter Generation und wir beschäftigen uns mit der Entwicklung und Fertigung von Gummiprodukten. Wir haben unterschiedliche Bereiche. Der größte Bereich sind die Stütz- und Pufferringe, das sind Voll-Gummiringe, die in der Förderindustrie unter Bandförderanlagen eingesetzt werden. Der zweite Bereich sind hochtemperaturbeständige Räder mit der Besonderheit eines flexiblen Laufbelages. Solche Räder werden z.B. in Bäckereien eingesetzt. Darüber hinaus haben wir noch eine Reihe technischer Gummiartikel wie Siebsterne für Sortiermaschinen, die Holzschnitzel, Wertstoffe, Biomasse oder Abfälle trennen, im Programm.
Und ganz wesentlich: In den letzten Jahren haben wir unsere Forschungs- und Entwicklungsabteilung weiter ausgebaut.
Wie lange gibt es euch schon als Unternehmen?
Uns gibt es seit 1981 und in den Heidekreis sind wir Mitte der 90er gekommen. Ich selbst bin seit 2007 dabei.
Du hast das Thema F&E-Abteilung angesprochen. Ihr seid ein kleines mittelständisches Unternehmen und ich würde mit euch jetzt nicht sofort eine F&E-Abteilung verbinden. Woran forscht ihr und warum? Wie passen F&E und ein kleiner Mittelständler im Heidekreis zusammen?
Wir beschäftigen uns mit der Entwicklung von Produkten und da geht es natürlich auch um kundenbezogene Entwicklungen. Wenn jetzt beispielsweise ein:e Kund:in kommt und einen Gummiring für die Bandförderanlage haben möchte und da geht z.B. Schokolade übers Band, dann wird ein Ring gebraucht, der eine Lebensmittelbeständigkeit hat und öl – und fettbeständig ist. Dann entwickeln wir eine individuelle Gummiqualität und stellen dieses Wunschprodukt her. Um das umzusetzen, brauchen wir einiges an Know-how und natürlich entwickeln wir unsere eigenen Produkte weiter. Wir haben einen hohen Qualitätsanspruch und teilweise verändern sich auch die Anforderungen an die Produkte über die Zeit. Z.B. durch erhöhte Reinigungsintervalle für die temperaturbeständigen Räder oder auch durch den Einsatz von aggressiveren Reinigungsmitteln, was wiederum eine erhöhte Resistenz des Materials voraussetzt.
Und natürlich stehen wir im Wettbewerb. In dem Zusammenhang ist unsere Forschungs- und Entwicklungsabteilung sehr wichtig. Federführend ist hier mein Bruder, der als promovierter Polymer-Chemiker das entsprechende Know-how mitbringt. In Sachen Fachlichkeit sind wir als Team gut aufgestellt und sind sehr gut vernetzt.
Aktuell forschen wir an einem Elastomer, was maschinell partiell aufgetragen und gezielt ausgehärtet wird mit dem Ziel, flexible Verbindungen von steifen Teilen zu erzeugen. Das hat gegenüber der manuellen Fertigung den Vorteil, dass standarisiert und zeitsparender gefertigt werden kann und in einem automatisierten Prozess die Fehleranfälligkeit reduziert wird.
Dafür forschen wir im Rahmen eines ZIM-Projektes zusammen mit Unternehmen und verschiedenen Forschungseinrichtungen. Das macht unheimlich Spaß, und nur weil man kein Konzern ist, heißt das ja nicht, dass man nicht auch innovative Forschung betreiben kann. Wichtig und wirklich Sinn macht dann – und da sind wir auch ziemlich stark – ein aktives Netzwerk zu haben, um sich gegenseitig zu unterstützen und zusammen zu arbeiten.
Neue Forschungsansätze benötigen perspektivisch auch neues Personal. Wie sind Unternehmens- und Personalstrategie bei euch miteinander verknüpft?
Wir arbeiten gerade an einem neuen Forschungsprojekt, was auch mit einem hochqualifizierten Mitarbeiter:innenbedarf einhergeht. In dem neuen Projekt geht es auch wieder um Materialentwicklung im hochtechnischen Bereich in Kooperation mit einem Unternehmen und zwei Forschungseinrichtungen. Und da brauchten wir einfach noch mehr Man- bzw. Womanpower, um gut forschen zu können. Und glücklicherweise haben wir mit Elsa eine tolle, neue Mitarbeiterin für unsere F&E gefunden. Und die Rekrutierung lief letztendlich über eines unserer Netzwerke.
Was die Verknüpfung von Unternehmens- und Personalstrategie angeht, so haben wir als Familienunternehmen natürlich bestimmte Werte. Wir sind immer interessiert an langfristigen Partnerschaften und dass unsere Mitarbeiter:innen lange bei uns bleiben, jede:r Mitarbeiter:in als Mensch und Individuum gesehen wird und ein guter Zusammenhalt und eine gute Arbeitsatmosphäre geschaffen werden.
Was den Personalbedarf für unser neues Forschungsprojekt angeht, haben wir uns dann die Frage gestellt: Wie finden wir eine:n gute:n Kandidat:in?
Wie zu Beginn gesagt, gehören wir zu den kleineren Unternehmen. Eine so hochqualifizierte Fachkraft zu finden und einzustellen, benötigt viel personelle Ressourcen im Auswahl- und Einarbeitungsprozess und ist bei herkömmlicher Herangehensweise auch kostenintensiv. Deshalb spielt Vernetzung für uns so eine wichtige Rolle. Wir arbeiten seit vielen Jahren mit der Universität Hamburg zusammen, und so kamen wir mit einer Studierenden über Forschungsergebnisse ins Gespräch, die gerade mit den Arbeiten an ihrer Promotion fertig wird. Elsa hat die Stelle und das Forschungsthema gefallen und kam zu dem Schluss, dass sie das Projekt gerne begleiten möchte. Für uns ist das richtig super, weil wir damit die langwierige Personalsuche, -auswahl und -einstellung überspringen konnten und uns so mehr auf die eigentliche Arbeit konzentrieren können. Und durch die längere Kennenlernphase sind wir uns sicher, dass Elsa zu uns passt.
Arbeitet sie mobil oder ist sie ist sie immer vor Ort bei euch?
Die Digitalisierung hat bei uns, beschleunigt durch die Corona-Pandemie, ziemlich Einzug gehalten. Da sind wir gut vorangekommen und die Prozesse haben sich jetzt auch gut eingespielt. Das eine ist die technische Seite. Das andere ist die Organisation von Kommunikation mit all den Tools und Meeting-Runden, die man braucht. Jetzt ist das alles kein Problem mehr, sich aus dem Labor oder Home-Office in das Büro dazuzuschalten. Es wird also ein Mix. Also alles flexibel und hybrid.😉
Was hat die neue Mitarbeiterin für Aufgaben?
Sie wird in diesem neuen Projekt die technische und experimentelle Umsetzung übernehmen. Das ist klassische Forschung und Entwicklung, wie man sich das vorstellt, es ist unheimlich spannend, aber natürlich auch wenig voraussagbar. Wenn sonst ein Kunde kommt und gerne eine angepasste Mischung für einen bestimmten Einsatzzweck möchte, dann können wir ziemlich sicher sagen, „kriegen wir hin oder kriegen wir nicht hin“. Bei dem neuen Projekt wissen wir das nicht mit Sicherheit – echte Forschung eben.
Natürlich hat man einen Plan, aber da werden Unwägbarkeiten und Herausforderungen entstehen, die bewältigt werden müssen. Dazu gehört u.a. Literaturrecherche, die Materialentwicklung, Auswertungen, wie sehen Verteilungen im Material aus, wie sind die mechanischen Eigenschaften usw. Und ganz wichtig, funktioniert das Produkt später auch in der Anwendung und nicht nur im Labor. Wenn ich den Endanwender habe, darf der dann damit auch überhaupt arbeiten ohne krasse Schutzausrüstung oder macht es dann vielleicht „boom“! 😉 Kurz gesagt: Es muss ein verarbeitbares und wirtschaftliches Endprodukt am Ende stehen. Ich freue mich drauf!
Auf jeden Fall klingt der Job der neuen Mitarbeiterin sehr interessant! Wenn ich mir vorstelle, dass ich das, was ich erforscht habe auch wirklich in die Anwendung bringen kann, es funktioniert und das von mir entwickelte Produkt eine Serienreife erzielt, dann ist dann ein echter Erfolg!
Ja, genau! Ich denke, die Produktentwicklung hin zu einem Endprodukt, die wir zusammen mit unseren Kooperationspartnern machen war eines der Kriterien für Elsa, mit uns zusammen zu arbeiten. Und so haben wir vielleicht einen kleinen Wettbewerbsvorteil gegenüber Chemiekonzernen, was die Rekrutierung von Fachkräften anbelangt 😉.
Und jetzt einmal Glaskugel lesen: Wie möchtest du denn als Geschäftsführerin mit EFM in den nächsten zehn bis zwölf Jahren aufgestellt sein?
Wir haben angefangen, den Grundstein zu legen und den werden wir auch so weiterverfolgen. Das bedeutet konkret, dass wir bei unserem Basisgeschäft bleiben und gleichzeitig setzen wir auf innovative Materialforschung und -entwicklung, um neue Geschäftsfelder zu erschließen. Natürlich werden wir da zukünftig personell moderat wachsen. Aber wir bleiben weiterhin ein Familienbetrieb mit gutem Zusammenhalt und kurzen Wegen.
Christine, ganz vielen Dank!
Fotos: © E.F.M. GmbH
Hallöchen, ich wollte mich kurz für den Artikel bedanken! Hat mir sehr geholfen. VG