Henrike – Für den Klimaschutz als Raum- und Stadtplanerin ins Wendland!

Im letzten Jahr ist Henrike von Hamburg ins Wendland gezogen. Wir haben mit ihr über ihr Leben zwischen Land und Stadt, die Arbeit in der Stabsstelle Klimaschutz beim Landkreis Lüchow-Dannenberg und das Ankommen im Wendland in Corona-Zeiten gesprochen.

Wer bist du und was machst du genau beim Landkreis Lüchow-Dannenberg?

Ich bin Henrike und bin Klimaschutzmanagerin beim Landkreis Lüchow-Dannenberg. Wir sind als Stabsstelle Klimaschutz in der Verwaltung direkt unter dem Landrat angesiedelt, sodass das Thema Klimaschutz in allen Bereichen der Verwaltung stattfindet. Wir sind ein Team von insgesamt sechs Kolleginnen inklusive der Stabsstellenleitung. Dazu gehört auch die Mobilitätsagentur als ein Projekt vom Klimaschutz, da geht es um die nachhaltige Mobilität im ländlichen Raum.

Und wo kommst du ursprünglich her?

Ursprünglich komme ich aus Dortmund, da bin ich geboren und da sind meine Wurzeln. Wir sind dann ins Sauerland gezogen, als ich Jugendliche war. Zum Studium bin ich wieder zurückgekehrt nach Dortmund und habe dort an der TU Raumplanung studiert. 

Wie kamst du darauf, Raumplanung zu studieren?

Den Studiengang gibt es gar nicht so oft und die Uni in Dortmund ist sehr bekannt für das Themenfeld Raumplanung. Ich erkläre mein Studium aber oft auch mit dem Begriff Stadtplanung, das ist noch mal spezifischer, formal zwar nicht ganz korrekt, aber mit Raumplanung kann der Laie manchmal nicht so viel anfangen. Viele denken dann an Raumfahrt oder Innenausstattung. Raumplanung bezieht sich auf den städtischen Raum oder auch den regionalen Raum.

Ich habe mich auch schon immer für das Thema Stadt interessiert – habe auch zwei Semester Architektur studiert, dann aber umentschieden in Richtung Raumplanung/Stadtplanung – und fand das immer total spannend, diesen interdisziplinären Ansatz und alle damit verbundenen Themen, die auf den Raum einwirken: Soziologie, Landschaftsökologie, Ökonomie, Stadtentwicklung – ein ganz vielfältiger Studiengang. Ich habe mich dann auf die soziale Stadtteilentwicklung spezialisiert. Ich habe viel mit dem Förderprogramm „Soziale Stadt“ gearbeitet – sowohl in Bremen als auch in Hamburg. Da ging es darum, in sozial benachteiligten Stadtteilen investive und nicht-investive Maßnahmen zu bündeln und den Stadtteil und die Teilhabe im Stadtteil zu stärken.

Und wie bist du dann im Wendland gelandet?

Für mich ist sehr wichtig, in einem Bereich zu arbeiten, der sinnstiftend ist, wo ich etwas bewegen und gestalten kann, womit ich mich identifizieren kann. Und diese Sinnhaftigkeit ist im Themenfeld Klimaschutz natürlich sehr gegeben.

Ich hatte grundsätzlich für mich entschieden, mich beruflich und persönlich noch einmal neu zu orientieren. In mir schlagen diese zwei Herzen, ich bin Stadtplanerin und liebe auch Stadt – die Urbanität, das Leben, die Vielfältigkeit, die Impulse, das Lebendige, das Kulturangebot… Und gleichzeitig bin ich auch jemand, der sehr naturverbunden ist und habe schon lange den Traum, auf dem Land zu leben.

Das Wendland kenne ich schon seit vielen Jahren, durch die kulturelle Landpartie und in den letzten zehn Jahren war ich auch immer mal wieder hier zu Besuch. Eine gute Freundin von mir ist Lehrerin hier im Landkreis, das ist auch schon ein Anknüpfungspunkt. Für mich war immer klar, wenn ich aufs Land ziehe, dann ins Wendland. Die Region hat so eine gewisse Prägung, natürlich durch die Anti-Atomkraftbewegung, es ist sehr bunt und vielfältig hier, es gibt viele Ideen und spannende Projekte und die Menschen hier haben eine hohe Offenheit und einen weiten Horizont. Das ist eine Kultur, in der ich mich gut wiederfinde. Als ich bei dieser Freundin zu Besuch war, haben wir so rumgesponnen, dass es doch toll wäre, wenn ich auch ins Wendland käme. Da dachte ich mir „Schön und gut, aber hier gibt’s ja keine Jobs, was soll man denn hier arbeiten??“ Dann war ich auf der Seite von der Agentur Wendlandleben, dort war die Stelle als Klimaschutzmanagerin ausgeschrieben und ich habe mich beworben. Klimaschutz ist mir sehr wichtig und ich bin auch ein sehr umwelt- und klimabewusster Mensch, sodass ich für mich die Tätigkeit sehr passend fand. Ich habe dann die Zusage bekommen und jetzt bin ich hier, denn so eine Chance hätte ich nie wieder bekommen.

Seit wann bist du genau im Wendland?

Ich bin im September 2020 angekommen, habe erstmal in einer Ferienwohnung gewohnt, da ich zunächst keine Wohnung gefunden habe – das ist ja nicht so einfach hier – und jetzt wohne ich seit Oktober in einer Hofgemeinschaft.

Und wo genau ist die und wie ist die Anbindung?  

In Diahren in der Gemeinde Waddeweitz. Es gibt ja hier unzählige Orte, die auch so ganz lustige oder niedliche Namen haben und es dauert auch eine Weile, bis man die so drauf hat und sich hier zurecht findet.

Am Anfang war so meine vielleicht naive Idee, dass ich alles mit dem Fahrrad mache, oder zumindest den Weg zur Arbeit. Eine Zeit lang habe ich das so durchgezogen, das sind so knapp 14 km pro Strecke. Da bin ich dann schon an meine Grenzen gekommen. Ich habe kein Auto und möchte mir aus Überzeugung auch keines anschaffen. Also fahre ich nun eine Strecke mit dem Bus 7000, da kann ich das Fahrrad auch kostenlos mitnehmen und eine Strecke mit dem Fahrrad zu fahren ist dann persönlich energiesparend. 😉 Diese Busanbindung ist für mich sehr wichtig, der Bus 7000 ist eine Landesbundeslinie und fährt nach Uelzen, das dauert 35-40 Minuten. Von dort kann ich dann nach mit dem Zug Hamburg weiterfahren, wo mein Partner lebt, wir führen eine Fernbeziehung, ich bin regelmäßig dort und er ist regelmäßig hier.

Die Buslinie 7000

Ich werde mir auch noch ein Pedelec anschaffen, um einfach eine höhere Reichweite zu haben. Corona hatte natürlich die Auswirkung, dass ich gar nicht so einen großen Radius über die Arbeit hinaus benötigte, sondern in der Freizeit in meinem Dorf blieb. Doch jetzt bei den niedrigen Zahlen merke ich natürlich, dass ich gerne die Gegend samt Kulturangebote erkunden möchte, denn das Wendland hat so viel zu bieten.

Wie war dein Ankommen im Wendland in der Corona-Zeit und hast du Tipps für Neu-Wendländer:innen?

Insgesamt war das Ankommen durch Corona nicht so leicht und anders. Bei meiner Ankunft im Herbst letzten Jahres war es zunächst noch recht sommerlich, aber November, Dezember, Januar waren eher „schwere“ Monate, weil man hier auf dem Land der Dunkelheit ganz anders ausgesetzt ist als in der Stadt. Durch die Corona-Lage habe ich nicht viel Besuch bekommen und hier war auch nichts los. Es gibt hier normalerweise schon viele kulturelle Veranstaltungen, bei denen man auch einfach Leute kennenlernen kann. Ich mag zeitgenössischen Tanz oder auch Improvisationstanz, liebe Yoga, bin selbst noch nebenberuflich Yogalehrerin. An solche Hobbies und Interessen kann man ja direkt anknüpfen, um neue Leute zu treffen aber das gab’s halt alles nicht.

Meine Vermieterin hat auch gemeint, ich würde das Wendland jetzt von einer Seite kennenlernen, wie es eigentlich gar nicht ist. Auch hier im Dorf (70-80 Einwohner:innen) ist normalerweise mehr los, z.B. organisiert ein Nachbar einen Mittagstisch für die Dorfbewohner:innen, wo man zusammenkommen kann. Das war ja leider auch nicht möglich.

Dadurch war mein Alltag eingeschränkt. Gleichzeitig war ich auch sehr gefordert war mit dem Ankommen, Arbeiten, alltäglichen Leben und da war es auch ok, nicht so viel zu interagieren. Aber insgesamt merke ich, dass ich mich noch nicht vollkommen angekommen fühle und noch in diesem Prozess bin.  

Für mich war es hilfreich, den Kontakt zu den Nachbar:innen herzustellen, zumindest mit denen draußen ins Gespräch zu kommen, das finde und fand ich total wichtig. Der Sommer und die sinkenden Corona-Zahlen machen jetzt ja auch wieder mehr möglich. Es gibt wieder Angebote, wie z.B. die Arbeitstage bei der Solidarischen Landwirtschaft.

Wie sieht denn ein typischer Arbeitstag bei dir aus? Oder gibt es den überhaupt?

Ich arbeite in Teilzeit, 30 Stunden, habe Gleitzeit, starte zwischen 08:00 Uhr und 09:00 Uhr morgens. Durch Corona ist es natürlich noch mal speziell mit dem Arbeitsalltag, weil ich ja auch viel im Home-Office bin. Bei der Einarbeitung war ich damals vor Ort, habe aber auch viele Online-Seminare besucht. Ich bin viel im Austausch mit den Kolleg:innen, da Klimaschutz ja ein Querschnittsthema in der Verwaltung ist, habe Team-Meetings und arbeite aber auch viele strategische Themen aus. Aktuell arbeite ich z.B. an den Themen „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ oder „energetische Quartierssanierung“. Drüber hinaus stelle ich diverse Klimaschutz-Förderanträge und arbeite mich in die verschiedenen Themenfelder ein, bin viel im Austausch mit meiner Vorgesetzten. Der Job und seine Themenfelder sind sehr dynamisch und Kommunikation ist einfach sehr wichtig.

Was macht deine Arbeit besonders?

Ganz klar: Die Vielfältigkeit an Themen: Bildung, Verkehr, nachhaltige Beschaffung, energetische Quartierssanierung, nachhaltige Wärmeversorgung mit erneuerbaren Energien und da gibt es noch einige mehr.

Gibt es etwas, wo du sagst, „Das macht die Region besonders, das ist das Wendland!“?

Auf jeden Fall die offenen und kreativen Menschen, Menschen, die etwas bewegen wollen, die engagiert sind und es gibt hier viele Rückkehrer:innen. Auf landschaftlicher Ebene finde ich das Wendland sehr vielfältig mit der Elbe und der Heidelandschaft. Und es gibt so viele schöne kleine Orte zu entdecken, ich bin viel mit dem Rad auf Erkundungstour und liebe den weiten Blick und das tolle Licht – gerade am Abend.

Vermisst du etwas aus Hamburg oder Dortmund?

Klar, auf jeden Fall auch das! Die Deichtorhallen vermisse ich total! Zwischendurch fehlt mir eben auch die „Stadtluft“ – so nenne ich das jetzt mal, alles, was so die verschiedenen Viertel einer Stadt mit ihrer Lebendigkeit ausmachen.  Aber das hole ich mir ja dann auch, wenn ich in Hamburg bin. So habe ich den Luxus, den zwei Herzen in mir gerecht zu werden – Stadt und Land und beides gerne. 😊

Wie oft pendelst du nach Hamburg?

Ich fahre einmal pro Monat nach Hamburg. Mein Partner, der in Hamburg arbeitet und lebt, hat ebenfalls die Möglichkeit des mobilen Arbeitens. Daher funktioniert auch unser Konzept der Vereinbarkeit von Leben und Arbeiten an zwei verschiedenen Standorten so gut. 

Jetzt bekomme ich auch wieder mehr Besuch und werde von Freund:innen aus Bremen, Hamburg oder Dortmund angefragt, da viele einfach Lust haben, aufs Land zu kommen, was mich natürlich sehr freut. Ich bin schon dabei, die nächsten fünf Wochenenden „zu managen“. 😉

Wie sieht denn dein zukünftiges Arbeits- und Lebenskonzept aus?

Stand heute möchte ich dieses Konzept und den Wechsel zwischen Stadt und Land gerne so weiterführen. Neben meiner Teilzeitstelle beim Landkreis würde ich auch gerne im Wendland als Yoga-Lehrerin etwas aufbauen, quasi hier in Diahren einen Yoga-Ort schaffen. Ich hätte hier die Möglichkeit, einen Raum umzugestalten, der auch relativ groß, schön und hell (mit Oberlichtern!) ist, um dann hier Yoga zu unterrichten. Das ist alles noch im Prozess. 😊

Schön! Du planst also schon deinen nächsten Raum…😉 War die Stelle denn von vornherein als Teilzeitstelle ausgeschrieben?

Ja! Das war mir auch total wichtig. Und das war und ist dann auch so perfekt: Im Wendland, Arbeit für den Klimaschutz und auch noch 30 Stunden als Teilzeitstelle! Es gab den Traum „Raus auf’s Land“ und manchmal habe ich Momente, wo ich denke „Wow! Krass! Jetzt bin ich tatsächlich hier, das ist doch verrückt…! 😊“

Henrike, vielen Dank!

Fotos: Henrike Fischer / privat


Für alle, die neu im Wendland sind: Das Wendland-Einmaleins von Wendlandleben!

Das Wendland 1×1 bietet Neu-, Alt- und Bald-Wendländer:innen seit Dezember 2017 immer am ersten Donnerstag-Abend im Monat die Gelegenheit, sich in der Region zu vernetzen. Frisch angekommen und voller Fragen für das Abenteuer Wendland? Oder schon (immer) Wendländer:in und auf der Suche nach neuen Kontakten? Bei Brot und Wein, digital oder analog Tipps und Infos austauschen, Erfahrungen teilen und neue Menschen kennenlernen.

Detaillierte Infos zu den aktuellen Terminen und Veranstaltungsorten unter:  

www.wendlandleben.de/leben/veranstaltungen

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