Lebensgarten Demenz in Bergfried

Das Seniorenheim Bergfried gehört zur Altenpflege Landkreis Stade gGmbH. Die Unternehmensorganisation existiert seit 2003 als Rechtsnachfolge der bis dato bestehenden Trägerschaft des Landkreises Stade. Hier erleben Bewohnende ganzheitlich-aktivierende Pflege und Betreuung, maßgeschneidert auf ihre individuellen Bedürfnisse. Das idyllische Gelände in Guderhandviertel umfasst Obstplantagen und ein von einem Burggraben umgebenes Gebäude mit vielfältigen Einrichtungen, darunter ein Friseursalon, ein Gymnastikraum, ein Kiosk, eine Kaminecke und eine Physiotherapiepraxis im Gebäudekomplex.


Es ist der 23.11.23, ein typischer nordischer Tag zu dieser Jahreszeit. Regen und Sturm begleiten mich, als ich mich von Hamburg ins Alte Land nach Guderhandviertel aufmache. Mein Ziel ist heute die Einrichtung Bergfried, wo ich mehr über das derzeit laufende Projekt erfahren werde – den Lebensgarten Demenz.


Ich betrete die Einrichtung Bergfried. Der helle Eingangsbereich begrüßt mich so, wie einige der Bewohnenden der Einrichtung es tun – zurückhaltend und doch herzlich. Kurze Zeit später empfängt mich Beke Brandt, Projektleiterin für das Projekt Lebensgarten Demenz. Die Bauarbeiten für den Lebensgarten haben bereits begonnen; im April 2024 soll das Projekt abgeschlossen sein, und am 3. April um 17 Uhr findet die Eröffnungsfeier statt – ich werde dabei sein.


Der Lebensgarten Demenz: eine Herzensangelegenheit


Der Lebensgarten ist mehr als nur ein Bauprojekt; er ist eine Herzensangelegenheit. Beke teilt mit mir ihre Perspektive: „Demenz ist nicht gleich Demenz.“ Normalerweise beschäftige ich mich damit, Unternehmen im Bereich Fachkräftemarketing zu sensibilisieren. Heute rückt mein Blickpunkt in eine neue Richtung, denn Beke öffnet meine Augen für die Herausforderungen im Pflegebereich. In diesem emotionalen Prozess wird klar, dass der Lebensgarten nicht nur physisch wächst, sondern auch die Wurzeln im Herzen der Gemeinschaft verankert sind.


Der Fokus des heutigen Blogbeitrags liegt auf dem Lebensgarten, wo die Bauarbeiten bereits in vollem Gange sind. Gemeinsam mit Beke Brandt stehe ich vor dem Trakt, der im April 2024 als spezieller Demenzbereich eröffnet werden soll. Im Erdgeschoss entstehen im hinteren Teil des Gebäudes 11 Zimmer (10 Einzelzimmer und 1 Doppelzimmer) für 12 an Demenz erkrankte Personen. Hier wird ein geschützter Bereich geschaffen, in dem ein Garten für Demenzerkrankte auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist.


Dieser Garten ist für körperlich noch weitestgehend mobile Demenzerkrankte konzipiert, die das volle Angebot nutzen können. Der Garten ist jederzeit vom Zimmer zur Terrasse zugänglich. Das Seniorenheim Bergfried ist keine geschlossene Einrichtung, und das bleibt auch beim Demenzbereich so. Am Eingang gibt es eine Tür mit einer Klingel, die ertönt, wenn ein Bewohner den Weg nach draußen wählt. So ist das Pflegepersonal informiert und kann Unterstützung bieten, um die Bewohner zurückzuholen.


Demenz im Fokus: Ein Weg zu mehr Verständnis – „Hinlaufen statt Weglaufen“


Es ist allgemein bekannt, dass Bewohnende von Altenheimen gelegentlich dazu neigen, wegzulaufen. Daher sind die Straßen in unmittelbarer Nähe solcher Einrichtungen oft auf 30 km/h begrenzt, um den Bewohnenden, die das Gelände verlassen, Schutz vor zu schnellen Autos zu bieten. Doch bei genauerer Betrachtung laufen Demenzerkrankte nicht weg; sie laufen hin, erklärt mir Beke Brandt: „Demenzerkrankte neigen dazu, einen sehr hohen Bewegungsdrang zu haben.“ „Früher sprach man vom Weglaufen, wir sprechen vom Hinlaufen, weil die Bewohnenden ein bestimmtes Ziel haben, wo sie hinlaufen. Zum Beispiel müssen sie zu ihrer Mutter, zu ihren Kindern oder zur Schule, oder auch in späteren Phasen zu ihrer Familie, wo die Kinder versorgt werden müssen. Sie sind dann so in ihren Phasen drin, dass sie sagen: ‚Ja, meine Kinder sind allein zu Hause. Ich muss jetzt los.‘ „Und dieser Drang bei ihnen ist so groß, dass man sie kaum bremsen kann“, erzählt mir Beke Brandt. Demenz kann nicht geheilt werden; es gibt nur Konzepte und Techniken, wie man mit Demenz bzw. Demenzerkrankten umgeht.


Individualität im Fokus: Wie der Lebensgarten Demenz zur maßgeschneiderten Bedürfnisoase wird


Der Lebensgarten wurde mit besonderem Augenmerk darauf konzipiert, den individuellen Bedürfnissen der Bewohnenden optimal gerecht zu werden. Umgeben von einem grünen Zaun bietet er einen weiten Blick auf die Obstfelder im malerischen Alten Land. Auf dem Gelände sind Wegweiser zu den charakteristischen Orten des Alten Landes zu finden. Die Gartenanlage des Seniorenheims präsentiert sich mit malerischen Wegen, die um die Grünflächen führen und Raum für vielfältige Aktivitäten schaffen. Ein Klangspiel regt die sensorischen und motorischen Fähigkeiten an, während das Bedürfnis nach Nesteln an einer speziellen Motorikwand befriedigt werden kann. Ein Barfußpfad wurde bewusst integriert, um den Bewohnern die Möglichkeit zu geben, sich barfuß zu bewegen, den Boden zu spüren und sich zu erden – eine besonders wohltuende Erfahrung für Menschen mit Demenzerkrankungen. Als charmantes Zentrum des Gartens dient ein Fachwerk-Pavillon mit liebevollen Giebelschmuck-Details. Hier können sich die Bewohnenden versammeln, um gemeinsame Betreuungsaktivitäten zu genießen. Strandkörbe verleihen dem Garten einen Hauch Altes Land, während entlang der Wege Bänke und eine hölzerne Himmelsliege unter den alten Kirschbäumen Schatten spenden und für Momente der Entspannung sorgen.


Mit dem Lebensgarten strebt die Einrichtung Bergfried danach, den Bewohnenden eine vertraute Perspektive zu bieten. Da die meisten Bewohner aus dem Alten Land stammen, wurde besonderer Wert daraufgelegt, Wiedererkennungswerte zu schaffen, die das einzigartige Flair des Alten Landes definieren.


Neben der Präsentation des Projektes Lebensgarten Demenz führt mich Beke durch die gesamte Einrichtung. Liebe Leserinnen und Leser, wir müssen reden! Heute über die Pflegebranche. Ich möchte euch daran teilhaben lassen, was ich erlebt habe, wen ich kennengelernt habe und was ich gelernt habe.


Pflege im Wandel: Begegnungen mit Heike und den Veränderungen in der Einrichtung Bergfried


Täglich treffe ich Personen aus den verschiedensten Branchen, mit verschiedenen Werdegängen und unterschiedlichster Persönlichkeiten. Sie alle haben unterschiedliche Hintergründe, aber teilen eine gemeinsame Herausforderung – den Fachkräftemangel. Auf der zweiten Ebene begegne ich Heike, die seit 45 Jahren in der Einrichtung Bergfried tätig ist. „Ich könnte jedes Mal den roten Teppich für alle Pflegenden und Mitarbeitenden hier ausrollen, wirklich, denn sie leisten tagtäglich oder eher 24/7  so viel. Und Heike leistet das schon über Jahrzehnte hinweg bei uns“, erzählt mir Beke, als wir wieder im Büro sind. Heike schildert mir ihre Anfänge in der Einrichtung: „Früher mussten wir alles handschriftlich verfassen und uns die Informationen von den Ärzten noch telefonisch durchgeben lassen, da war nichts mit digital.“ Dennoch spürt sie die Veränderungen in der Pflege.


Beke teilt ihre Beobachtungen über die Entwicklung der Bewohnenden: „Vor etwa 20 Jahren zogen auch Menschen ein, die noch gut zurechtkamen, aber Gesellschaft suchten. Heute erleben wir vermehrt Einzug von Menschen, die nicht mehr Zuhause oder ambulant betreut werden können.“ Diese Veränderungen spiegeln die fortschreitende Entwicklung der Pflegelandschaft wider und stellen uns vor neue Herausforderungen, denen wir mit Einfallsreichtum und Engagement begegnen müssen.


Pflege im Fokus: Zwischen Dankbarkeit und dringendem Handlungsbedarf


Abschließend versammeln wir uns für ein Gruppenfoto. Ich möchte mich herzlich für die gewährten Einblicke bedanken. Heute wird mir eines klar: Klatschen allein reicht nicht aus. Es bedarf konkreter Lösungen, der Aufmerksamkeit der Politik und einer allgemeinen Wertschätzung für den Pflegeberuf. Die Mitarbeitenden der Pflege verdienen weitaus mehr Beachtung, Anerkennung und strukturelle Unterstützung.


Ein besonderer Dank geht an Beke, die mir nicht nur alles gezeigt hat, sondern sich auch leidenschaftlich für die Einrichtungen einsetzt. Mein aufrichtiger Dank gilt allen Pflegekräften, die mir persönliche Einblicke in ihren Arbeitsalltag gewährt haben, sowie allen Bewohnern, die mir mit ihrem Lächeln begegnet sind. Ein ganz besonderer Dank geht an Eckard und Heike für das gemeinsame Foto. Auch an alle Ehrenamtlichen, die sich in diesem Bereich engagieren, geht mein herzlicher Dank.


Es werden noch Spenden aus dem Alten Land gesucht – jede Unterstützung ist willkommen. Siehe Flyer.

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