2019 hat sich Physiotherapeut Lars Hohenstein mit Halle eins einen Traum erfüllt und sein eigenes Therapie- und Trainingszentrum in Lüneburg eröffnet. Halle eins steht für eine moderne, aktive Physiotherapie sowie Ganzheitlichkeit, Regionalität und Nachhaltigkeit. Warum ihm diese Themen so wichtig sind und was er von neuen Mitarbeiter:innen erwartet, hat er uns im Interview erzählt.
Hallo Lars, bitte stell dich und Halle eins kurz vor.
Ich bin Lars Hohenstein, gebürtiger Lüneburger und mittlerweile 37 Jahre alt. Mit Halle eins habe ich mir etwas aufgebaut, was mir immer am Herzen lag: In meinem eigenen Stil therapieren zu können, andere dabei mitzunehmen und mich eben nicht fremdbestimmen zu lassen. Halle eins gibt es seit Juni 2019, wir sind also noch recht jung, haben uns aber schon einen sehr guten Ruf erarbeitet, gerade in der Sportbranche hier in Lüneburg. Viele Ärzte:innen arbeiten aus diesem Grund mit uns zusammen, weil sie wissen, dass wir bei Halle Eins eine gezielte und moderne Herangehensweise bei dieser Art Klientel haben! Das ist natürlich schön, weil Sportler:innen sehr zielorientiert arbeiten und sich nicht nur massieren lassen möchten, also aktiv wieder in Ihre Leistung kommen wollen. Wir arbeiten viel mit Hobby- und Breitensportler:innen, aber auch z.B. mit Menschen, die an einem chronischen Rückenproblem leiden oder durch zu viel Büroarbeit Schwierigkeiten mit der Schulter haben. Von 12 bis 88 ist die ganze Altersspanne dabei.
Was ist das Besondere an Halle eins, das euch von klassischen Krankengymnasten unterscheidet?
Zum einen das Gesamtkonzept unserer Praxis: Nachhaltigkeit, Regionalität und der Wohlfühlfaktor sind dabei wichtige Aspekte. Nachhaltigkeit ist für mich persönlich einfach ein Herzensthema. Wir achten darauf, nicht möglichst viele toll aussehende Produkte zu kaufen, sondern arbeiten mit Sachen, die vielleicht schon mal benutzt oder aufgearbeitet wurden. Ausstattung gebraucht zu kaufen ist für uns überhaupt kein Problem, weil die Geräte und Bänke, mit denen wir arbeiten, ein Zertifikat haben müssen, das nur vergeben wird, wenn sie keine Mängel oder Abnutzungserscheinungen zeigen. Unsere Praxis ist nicht steril und man sieht, dass die Räume und Geräte benutzt werden. Es erinnert oft eher an eine CrossFit-Box.
Außerdem ist der Ansatz in der Physiotherapie bei uns ein anderer. Nach dem Motto „Runter von der Bank – rauf auf die Fläche!“ achten wir stark auf den Bewegungsanteil und sind eine sehr aktive Physiotherapie. Viele Praxen haben kleine, enge Räume mit einer Bank, auf der therapiert wird und keinen Platz, um Sport zu machen. Das haben wir aufgebrochen, indem wir den Anteil an Räumen mit Therapiebänken und denen für freies Training 50:50 aufgeteilt haben.
Wir leiten unsere Patient:innen an, wie sie sich selbst helfen können und betreiben viel Aufklärungsarbeit, damit sie theoretisch ohne uns zurechtkommen würden. Die physiotherapeutische Behandlung geht mit der Zeit immer mehr in Training über. Wir bieten auch Mitgliedschaften an, sodass die Menschen weiterhin bei uns trainieren können, wir sie dabei begleiten, den Trainingsplan überarbeiten etc. Sie können jeden Monat kündigen und sozusagen „das Nest verlassen“, wenn sie merken, dass sie uns nicht mehr brauchen. Dieses Konzept trägt sich natürlich weiter und dadurch kommen eben nur Leute, die auch bereit sind, aktiv etwas zu tun.
Physiotherapeut:innen sind sehr gesucht – wie findet ihr eure neuen Mitarbeiter:innen und wie geht ihr dabei vor?
Da sind wir tatsächlich ein bisschen unorthodox. Stellenausschreibungen haben wir noch nie gemacht, brauchten wir bisher auch nicht, weil es uns ja auch noch nicht mal zwei Jahre am Markt gibt.
Mein Team habe ich mir zunächst über mein Netzwerk aufgebaut. Ich war vorher einige Jahre im Rehazentrum in der Tagesklinik am Kurpark hier in Lüneburg tätig, wo wir viele Praktikant:innen hatten, bei denen ich ungefähr einschätzen konnte, wer etwas kann und vom Typ passen würde. Diejenigen habe ich dann einfach angeschrieben und wenn sie Interesse hatten, haben wir uns getroffen. Manche sind abgesprungen, aber der Kern, der dageblieben ist und meine Überzeugung mitgetragen hat, war der Richtige. Gestartet sind wir mit vier Physiotherapeuten inklusive mir, einem Athletiktrainer, und einem Mitarbeiter fürs Backoffice. Mittlerweile haben wir noch eine Dualstudentin der IU Hamburg und wechselnde Praktikanten der Ludwig Fresenius Schule Hamburg und der Grone Schule Hamburg ins Boot geholt. Das Ganze läuft eigentlich nur über Mund-zu-Mund-Propaganda. Wir bekommen viele Bewerbungen von jungen Physiotherapeuten:innen, weil unser Ruf uns ein bisschen vorauseilt.
Und wie sucht ihr die Leute dann aus?
Über Initiativbewerbungen oder, wenn wir jemanden brauchen und hören, dass er oder sie etwas drauf hat, schreiben wir die Person an. Bei uns sucht das ganze Team neue Kollegen:innen mit aus.
Erst einmal hospitieren sie dann hier, um zu sehen, ob sie sich auch vorstellen können, mit den Kollegen:innen und mir zu arbeiten. Wir sind hier sehr mitarbeiterorientiert. Es gibt nicht die Ansage von oben, was zu tun ist. Die Mitarbeiter:innen sollen möglichst selbstständig sein und dazu beitragen, dass wir uns insgesamt weiterentwickeln. Dazu gehört z.B. auch, sich in Bereichen wie Social Media zu engagieren oder über neue Therapiemethoden zu informieren.
Warum sollten sich gut qualifizierte Therapeuten:innen für Halle eins als Arbeitgeber entscheiden?
Wir haben hier eine sehr flache Hierarchie und einen extrem freundlichen Umgang miteinander. Man kann sich selbst komplett ausleben und seinen Therapiestil entwickeln.
Ein Ziel ist z.B. auch eine 30 Stunden-Woche bei vollem Gehalt, darauf arbeiten wir hin. 30 Stunden ist bedeutend schonender für den Körper, man hat viel mehr Ausgleich in seiner Freizeit und kann sich auf das eigentlich Wesentliche konzentrieren. Es sollte schließlich nicht die Arbeit sein, die dein Leben bestimmt, sondern die Arbeit ist dafür da, dass du dein Leben leben kannst. Das war schon immer etwas, das in mir sehr stark verankert war. Ich sehe meine Aufgabe deshalb auch darin, meinen Mitarbeitern:innen ein schöneres Leben zu ermöglichen.
Das A und O ist, dass mein Team für die Arbeit motiviert ist und dazu gehören auch Fortbildungen. Ich versuche alle Fortbildungen zu bezahlen, die meine Mitarbeiter:innen machen wollen. Davon profitieren wir alle, denn es bedeutet eine Verbesserung der Behandlungsqualität insgesamt und mit internen Schulungen wird das Wissen ins ganze Team eingebracht und der Austausch untereinander gefördert.
Welche Werte sind dir für dein Unternehmen wichtig?
Meine Idee ist, nicht mein ganzes Leben nur der Arbeit zu widmen, sondern darüber hinaus viel mehr zu bewegen. Beispielsweise möchten wir uns mit Halle eins im sozialen Entwicklungshilfebereich mehr engagieren und mit Initiativen wie Viva con Agua zusammenarbeiten. Ich hatte schon immer den Wunsch, die Welt zu einem besseren Ort zu machen und habe jetzt als Unternehmer ganz andere Möglichkeiten und Voraussetzungen dafür.
Wir wollen auch mehr mit Schulen zusammenarbeiten, Vorträge halten und schon bei Kindern z.B. im Sportunterricht oder im Fußballteam ungünstige Bewegungsmuster erkennen und schon hier eingreifen, bevor der Schaden entsteht – also präventiv.
Was bedeutet Mitarbeiterbindung für dich?
Mitarbeiterbindung ist für mich einfach viel mehr als ein Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Verhältnis. Im besten Fall verbringt man sein ganzes Berufsleben miteinander und da muss man auch menschlich miteinander auskommen. Wenn man gut zusammenarbeitet und sich gegenseitig respektiert, dann ist es eigentlich noch viel mehr als nur ein Arbeitsverhältnis, jedenfalls ist das bei uns so. Deshalb suchen wir unsere Mitarbeiter:innen auch sehr genau aus.
Was sollte man mitbringen, wenn man bei Halle eins arbeiten möchte?
Teamfähigkeit, Engagement und Selbständigkeit sind sehr wichtig. Für unsere Arbeit spielt es eine große Rolle, authentisch zu sein. Das bedeutet, man sollte sich auch selber sportlich betätigen, damit man überhaupt dieses Körpergefühl für bestimmte Schmerzen oder Bewegungen entwickelt.
Die Identifikation mit Halle eins sollte außerdem hoch sein und ich setze voraus, dass man zu leben versucht, wofür wir stehen und nicht nur seine Arbeit hier ableistet, um Geld zu verdienen. Vor Corona haben wir oft nach Feierabend noch zusammengesessen. Dieses Gemeinschaftsgefühl ist uns extrem wichtig. Man ist von Anfang an Teil des Teams und sollte nicht auf den Mund gefallen sein, auch wenn man mal einen Spruch zu hören bekommt.
Was ist denn die Vision von Halle eins für die Zukunft und welche Herausforderungen siehst du in den nächsten Jahren?
Dass wir uns vergrößern und als Therapiezentrum noch anerkannter werden. Dafür brauchen wir z.B. Ergotherapeuten:innen und ein bis zwei Ärzte:innen, mit denen wir offiziell zusammenarbeiten. Auch eine noch engere Kooperation mit Osteopathen und insgesamt eine interdisziplinäre Zusammenarbeit sehe ich in der Zukunft. Wir wollen in Richtung EAP (Erweiterte Ambulante Physiotherapie) gehen und können dann verstärkt ganzheitlich arbeiten. Diese Dinge sollen in den nächsten zwei Jahren passieren.
Meine Ziele sind außerdem, dass wir die Menschen mehr aufklären können, uns im sozialen Bereich stärker engagieren können, Fort- und Weiterbildungen anbieten. Die 30 Stunden-Woche ist auf jeden Fall auch eine Vision.
Ich wünsche mir, dass meine Leute die Halle so stark verinnerlichen, als wäre es ihre eigene Praxis – eigentlich ist das schon der Fall.
Vielen Dank für das Gespräch!
Einen Überblick über Halle eins als Arbeitgeber bekommt ihr bei YOJO.
Fotos: © Halle eins