Mit Innovation Fachkräfte finden und binden

Mit Innovation Fachkräfte finden und binden

28. Mai 2021 0 Von SAG

Evomotion ist ein junges Medizintechnik-Unternehmen, das innovative Produkte für Sanitätshäuser, Kliniken und Therapeut:innen entwickelt, die die Rehabilitation von Patient:innen optimal unterstützen. Geschäftsführer Aljoscha Diercks hat mit uns über den Hintergrund seines Unternehmens und das Arbeiten dort gesprochen.

Hallo Aljoscha, ich würde mich freuen, wenn du dich und das Unternehmen einmal kurz vorstellst und was euch ausmacht.

Sehr gerne! Wir, die Firma Evomotion, sind ein junges Unternehmen, das es jetzt seit 5 Jahren gibt. Wir sind frisch in die Medizintechnik eingestiegen und im Bereich der Elektrostimulation tätig. Mit unserem Produkt helfen wir Menschen dabei, besser gehen zu können.

Wir haben uns als großes Ziel gesetzt, Menschen mit Einschränkungen in der Fortbewegung, z.B.  durch Krankheiten wie zentrale Lähmung aufgrund von Schlaganfall, Multiple Sklerose, Cerebralparese oder Schädel-Hirn-Trauma, zu helfen, wieder besser, sicherer und gesünder laufen zu können und damit ihre Lebensqualität zu erhöhen.

Dafür haben wir den evomove® entwickelt. Hier sind Orthetik und funktionelle Elektrostimulation (FES) vereint. Unser Medizinprodukt ist eine Hardware, die eine Elektronik beinhaltet, welche Stimulationsimpulse erzeugt. Gleichzeitig hat sie auch eine Sensorik, die Bewegungsmuster erkennt. Durch elektrische Impulse werden Nerven angesprochen, die das Zentrale Nervensystem nicht mehr selbst ansteuern kann. Der evomove® aktiviert, eigenständig oder in Kombination mit einer Orthese, Muskeln im Bein und verbessert durch die automatische Gangerkennung die eigenständige Gehbewegung. Über unsere selbst entwickelte App kann der evomove® einfach bedient werden. 

Foto: t&w – Mutmacher: Evomotion – Aljoscha Diercks, Fiona Allerding, Nils Bade .

Wir sind ein kleines Team von 15-20 Leuten und wir haben super spannende Arbeitsbereiche im Unternehmen. Ich komme persönlich auch aus der Forschung und habe da auch immer noch meinen Fokus. Das ist der Grund, weshalb wir auch viele Abschlussarbeiten im Bachelor oder Master und Praktikant:innen betreuen.

Woran hast du geforscht?

Die Ursprungsidee von Evomotion kommt aus meiner Masterarbeit. Ich habe Elektrotechnik studiert, war auf der Suche nach einem Thema für meine Arbeit und bin dann in Richtung Medizintechnik gegangen, weil ein neues Institut für Medizinische Robotik aufgemacht hatte. Hier wurde ich auf die Orthetik aufmerksam und ich fing an mich total für das Thema Elektrostimulation und der Kombination mit Orthetik zu begeistern. Das war einfach ein neues Feld, was von vielen Technikern schon vorgedacht wurde, aber nie auf einem wissenschaftlichen Niveau. Außerdem gab es auch nie ein Produkt, mit dem das möglich war. Ich habe dann meine Masterarbeit mit einem eigenen Prototypen abgeschlossen und eine Patientin exemplarisch versorgt. Im Anschluss habe ich meine Doktorarbeit angefangen und mich vor allem mit der Bewegungs- und Ganganalyse beschäftigt und damit den Grundstein für unser erstes Produkt gelegt.

Total spannend! Für welches Spektrum an Erkrankungen bzw. für welche Patient:innen ist euer Produkt geeignet?

Letztendlich ist es ein Produkt für alle, die ein Problem dabei haben Ihre Muskeln zu aktivieren. Und es ist definitiv ein Hilfsmittel für den unmittelbaren Behinderungsausgleich, d.h. es ist kein Therapiesystem. Somit sind es meistens Erkrankungen, die längerfristig eine Behinderung darstellen, welche die Technik dann ausgleicht. Zudem gibt es die Grundbedingung, dass das zweite Motoneuron – der eigentliche Impulsgeber für die Muskeln – noch intakt ist.

Ist euer Produkt ein Magnet für die Rekrutierung von Fachkräften?

Auf jeden Fall! Ich glaube, dass es für viele Menschen in der heutigen Zeit immer relevanter wird, was sie mit ihrer Arbeitszeit machen und was sie bewirken. Der evomove® ist ein Produkt, mit dem man Menschen direkt helfen kann und letztendlich dafür sorgen kann, dass es ihnen besser geht und sich ihre Lebensqualität stark erhöht. Allein das ist für viele schon Motivation genug hier zu arbeiten und an der Weiterentwicklung des Produktes mitzuwirken.

Was brauche ich für Qualifikationen, wenn ich bei Euch in den verschiedenen Bereichen wie Qualitätsmanagement, Vertrieb oder Produktentwicklung arbeiten möchte?

Wir decken hier eine sehr große Bandbreite an Qualifikationen ab, vor allem weil wir alle Prozesse werksintern abbilden. Viele unserer Leute sind Multitalente. Wir haben natürlich einen Schwerpunkt in der Programmierung. Wenn man ansatzweise programmieren kann (😉), dann ist man hier sehr gut aufgehoben. Erfahrung und Wissen im Qualitätsmanagement ist natürlich eine Qualifikation, eine strukturierte Arbeitsweise und logisches Denkvermögen benötigt man aber in allen Bereichen. Wir haben z.B. Wirtschaftspsycholog:innen hier, die sich im Bereich Usability weitergebildet haben. Die meisten Mitarbeiter:innen, die hier sind, sind Mediziningenieur:innen und Hardware- und Softwareentwickler:innen. Darüber hinaus haben wir noch Kaufleute, die dann z.B. in der Abwicklung der Bestellvorgänge tätig sind und Grafikdesigner:innen, die sich um alles Visuelle kümmern. Wir haben auch eine Näherei, wo wir Schneider:innen beschäftigen, die unsere Manschetten für den evomove® fertigen. Wir machen viel im Bereich 3D Druck und nutzen einen eigenen Textil-Laser, der die Stoffe für unsere Manschetten zuschneidet. 

Du erwähntest Programmierer:innen und Mediziningenieur:innen, das sind natürlich gesuchte Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt. Wie findet ihr Mitarbeiter:innen, wie geht ihr dabei vor?

Tatsächlich kommen die Mediziningenieur:innen zu uns, meistens über eine Bachelor- oder Masterarbeit oder über Praktika im Rahmen des Studiums. Darüber freue ich mich auch sehr. Wir arbeiten mit Hochschulen zusammen und erzielen bei den Abschlussarbeiten auch großartige Erfolge, die meistens mit Bestnote ausgezeichnet sind. Das macht einfach sehr viel Spaß und viele bleiben dann auch hier. Was die Programmierung angeht, haben wir einen guten Kontakt zur Ostfalia hier, aber das ist tatsächlich der schwierigste Bereich, um Fachkräfte zu bekommen.

Rekrutiert ihr denn auch aktiv international vor dem Hintergrund der Seltenheit der Profile?

Bisher noch nicht. Generell würde ich mich freuen, wenn wir auch Menschen mit Migrationshintergrund im Unternehmen haben, denn das tut einem Team gut. Wir haben ein starkes Teamverständnis und es gibt flache Hierarchien. Bei uns arbeiten viele sehr gut qualifizierte Mütter in Teilzeit (60-70% Frauenanteil im Unternehmen), da sie es zeitlich nicht schaffen in Vollzeit zu arbeiten. Das ist für uns als kleines Unternehmen super wertvoll. Wir sind, was die Arbeitszeitgestaltung angeht, extrem flexibel, da fast jede:r im Homeoffice und/oder in Teilzeit zu ungewöhnlichen Zeiten arbeiten kann, wenn kein Kundenkontakt gefordert ist.

Was ist euer Alleinstellungsmerkmal als Arbeitgeber im Verhältnis zu anderen Medizintechnikunternehmen?

Ich würde sagen, wir sind ein modernes Unternehmen, ohne diesen typischen Startup-Gedanken zu leben und wir sind ein Unternehmen, was mitarbeiterorientiert ist und motiviert das Produkt nach vorne zu bringen.

Wolltest du schon immer Unternehmer werden oder hattest du eine Idee und dann hat es sich so entwickelt, dass sich plötzlich Leute um dich herum scharten, und dann warst du in der Rolle des Geschäftsführers?

So kann man das sagen. Ich bin gerne Problemlöser als Ingenieur im klassischen Sinne. Ich kann einfach gut mit Menschen und habe in meiner Kindheit durch die Behinderung meiner Schwester gelernt, empathisch zu sein und schon früh die Abläufe der Krankenkasse verstanden. Über die Jahre habe ich gemerkt, dass ich das, was ich mache, einfach ganz gut kann. Deshalb mache ich es auch gerne. Geplant war es nie.

Wie motivierst du deine Leute?

Ich lasse sie teilhaben, habe immer eine ehrliche Meinung und es gibt eigentlich wenig, was nicht mal Thema wird. Die Mitarbeiter:innen werden gehört, mit ihren Ideen und auch Problemen, die man dann direkt gemeinsam angeht.  Ich versuche einfach alle möglichst fair zu behandeln und man kann mit mir über alles sprechen. Das Zwischenmenschliche muss auf jeden Fall passen, sodass man gerne zur Arbeit geht. Und ganz wichtig: Wir teilen im Team die Erfahrungen und die Erfolge mit den Patient:innen.

Was bedeutet für dich Mitarbeiterbindung?

Mitarbeiterbindung heißt für mich, dass Leute hier im Unternehmen groß werden können oder einfach einen soliden Arbeitsplatz bekommen. Dass sie sich hier entwickeln können oder auch einfach ihre Arbeit machen können und man dafür sorgt, dass sie sich hier wohlfühlen und offen im Unternehmen kommuniziert werden kann. Wir versuchen tendenziell immer alle unsere Beschäftigten zu halten, weil ich denke, die Mitarbeiter:innen sind der Wert des Unternehmens.

Drei Eigenschaften, die für dich bei neuen Mitarbeiter:innen besonders wichtig sind?

Offenheit, Begeisterungsfähigkeit und sie müssen was im Leben erreichen wollen.

Und wer passt nicht zu euch?

Jemand, der so einen typischen „nine-to-five-Job“ sucht oder sich nicht unbedingt weiterbilden möchte. Wenn man einen Job sucht, nur um Geld zu verdienen und nicht irgendwie auch eine gewisse Motivation hinter dem was man tut ist, dann passt die Person nicht gut ins Unternehmen. 

Bedeutet das, dass ihr auch sehr viel arbeitet?

Da wir gefördert sind, haben wir die Pflicht, die Stunden zu erfassen und es gibt ganz klare Regeln, was Überstunden angeht. Da achten wir sehr drauf und das unterscheidet uns von vielen „typischen“ Start-ups.

Was bedeutet gefördert? 

Wir sind immer noch ein forschungsnahes Unternehmen. Wir arbeiten aktuell an drei Forschungsprojekten, welche Kooperationsprojekte mit anderen EU-Partnern sind. Außerdem arbeiten wir mit vielen anderen Unternehmen an anderen Entwicklungsprojekten zusammen. Die Projekte werden von der EU und dem Land Niedersachsen gefördert.

Forschung und Entwicklung hat ja auch immer was mit Visionen zu tun… Was ist deine Vision für das Unternehmen?

Ich glaube, wir sind, gerade mit unserem neusten Produkt und unserem Produktportfolio, in unserem Nischenbereich Marktführer. Nicht was die Marktdurchdringung, sondern was die Funktionalität angeht. Und das ist auf jeden Fall ein ziemlicher Erfolg für das Unternehmen. Mein Ziel wäre ganz klar, dass wir auch Marktführer in der Marktdurchdringung sind, d.h. ich sehe das Unternehmen schon deutlich wachsend. Wir haben jetzt immerhin alle anderen Systeme, die es auf dem Markt gibt, übertroffen. Meine Vision ist, dass das ganze Konzept Orthetik oder auch Nicht-Orthetik und Elektrostimulation in den nächsten 5-10 Jahren noch mal ganz anders und viel integrierter sein wird.

Es gibt noch ein paar Themen, die ich gerne mit ins Portfolio aufnehmen würde und ich würde schon sagen, dass wir in den nächsten Jahren noch sehr viel machen und einen ganz anderen Status erreichen werden. Ich werde vielleicht auch, was meine persönliche Planung angeht, meinen Fokus auf die Entwicklung legen und dann vielleicht weitere Geschäftsführer:innen einstellen, die sich dann um das Finanzielle/Organisatorische kümmern. Ich bin eher der CTO.

Bist du Visionär?

Ja, definitiv!

Inwieweit siehst du Herausforderungen bei der künftigen Fachkräfte-Rekrutierung?

Ich denke, dass es schwierig sein wird, im Programmierungsbereich Leute zu finden, die bereit sind in einem solchen Unternehmen wie unserem zu arbeiten. Es gibt einfach mittlerweile sehr stark wachsende Unternehmen im Digitalisierungsmarkt, die sehr große Gehälter zahlen, aber natürlich nicht unbedingt das an Sinnhaftigkeit bieten wie wir, sondern schlicht skalierbare Produkte. Die Leute, die sich wirklich mit den Grundlagen beschäftigen wollen, also sprich Hardware/Firmware-Entwicklung, sind eher in den älteren Generationen zu finden, weil die das noch so gelernt haben. Bei den Jüngeren ist es oftmals so, dass es lieber fancy und integriert und eine riesige Software sein soll. Unser ältester Mitarbeiter ist 60 und in der Hard- und Software-Entwicklung beschäftigt. Unser Durchschnittsalter liegt zwischen 50 und 55. Jüngere Fachkräfte, die diesen Bereich abdecken, sind echt selten. Und wenn man jemanden findet, dann ist es für uns schwierig, sie zu bekommen.

Und wie gehst du damit um?

Es gibt immer noch Leute, man muss nur früh genug an sie herankommen. Unser Weg, diese über Abschlussarbeiten und Praktika anzuwerben, ist da gar nicht so schlecht. Und wenn man einmal unser Unternehmen kennengelernt hat, dann bleibt man i.d.R. auch hier. Wir haben das Knowhow in unserem Unternehmen, welches wir dann an die jüngeren Kolleg:innen weitergeben und arbeiten sie in die Materie ein.

Ein interessanter Weg zur Rekrutierung von Fachkräften!

Herzlichen Dank, Aljoscha!

Noch mehr über Evomotion als Arbeitgeber könnt ihr auf dem YOJO-Unternehmensprofil erfahren.

Fotos: © Evomotion GmbH