„Heimat ist für mich Einstellungssache“ – Peter Oehlrich über seine Rückkehr in den Landkreis Harburg

„Heimat ist für mich Einstellungssache“ – Peter Oehlrich über seine Rückkehr in den Landkreis Harburg

5. Februar 2021 0 Von SAG

Rechtsanwalt und Notar Peter Oehlrich ist in Buchholz i.d.N. aufgewachsen und lebt seit einigen Jahren wieder im Landkreis Harburg. Nach seinem Jurastudium in Hannover und dem Referendariat am Oberlandesgericht Celle mit Stationen in Hildesheim und Hannover kehrte er in die Region zurück, um in der Kanzlei unter den Linden in Tostedt zu arbeiten. Mit uns hat er über diesen Schritt und darüber, wie er die Region sieht und was „Heimat“ für ihn bedeutet, gesprochen.

Du hast in Hannover studiert – was hast du während dieser Zeit vermisst, hattest du „Heimweh“?

Da ich hier mit Hamburg als Referenz aufgewachsen bin, fehlt einem im Zentrum von Hannover schon etwas, wenn man es mit dem Hamburger Stadtkern um den Jungfernstieg herum mit seinen Kanälen, den Alsterschiffen, den Brücken, etc. vergleicht. Doch Hannover mausert sich und braucht sich nicht zu verstecken.

Heimweh? Nein. Ich kann mich zwar dunkel an das Gefühl aus der Kindheit erinnern, verstehe es heute aber nicht mehr. Heimat ist für mich eine Einstellungssache. Das ist auch immer personengebunden. Ich binde mich weniger an Orte, als vielmehr an ein Lebensgefühl. Das hängt unmittelbar mit dem Freundes- und Bekanntenkreis zusammen. Dieser verändert sich naturgemäß mit Abschluss der Schule, des Studiums, des Referendariats usw. Ohne die Clique, ohne Arbeitskollegen, Freunde, Beziehungen übt ein Ort selten mehr Anziehungskraft auf mich aus, als ein anderer. Da macht es keinen Unterschied, ob ich dort herkomme, oder hingehe. Gleichermaßen fühlt es sich daher an, wie nach Hause zu kommen, wenn ich heute noch ab und zu in Hannover bin – oder eben auch wieder hierher zurückkomme. Das hängt also vielmehr damit zusammen, wo sich meine Frau gerade aufhält, in Hannover oder hier. Das ist dann Zuhause.

Was gab den Ausschlag für dich, wieder in den Landkreis zurückzuziehen?

Den Ausschlag hat letztlich gegeben, dass mein Vater bereits seit Anfang/Mitte der 90er Jahre hier eine Kanzlei aufgebaut hatte. Etwa 1995 vereinigten sich die Kanzleien Oehlrich und Intemann zu einer neuen Bürogemeinschaft. Den Anteil des Kollegen Intemann habe ich quasi übernommen, als dieser die Altersgrenze für das Notariat erreichte und in den Ruhestand ging. 

Nach Tostedt kam ich also rein beruflich. Dies soll aber nicht bedeuten, dass ich diesen Schritt jemals bereut habe. Ich engagiere mich viel ehrenamtlich für Tostedt, insbesondere über Vereinstätigkeit, um in einer starken Gemeinschaft Tostedter Unternehmer die Samtgemeinde noch lebens- und liebenswerter zu machen. Tostedt wird – eigentlich wie Hannover auch – hier in der Region meines Erachtens unterschätzt. Es ist im wahrsten Sinne eine Familienstadt mit einem Angebot an Kindergärten, KiTas und Schulen, was seines Gleichen sucht. Zudem bin von den Gewerbetreibenden und auch den Mandanten stets herzlich in Tostedt willkommen geheißen und aufgenommen worden. Das ist keine Selbstverständlichkeit für einen Rechtsanwalt. Schließlich macht man sich schon von Berufs wegen nicht immer nur Freunde, wenn man quasi mit Streiten und Interessenvertretung sein Geld verdient. Ich habe hier außerdem schnell erneut Anschluss gefunden und einen Freundeskreis neu aufbauen können.

Was gefällt dir besonders gut an Tostedt und am Landkreis Harburg?

Einerseits die Landschaft ringsherum. Die Lüneburger Heide, die Umgebung ländlicher Idylle bei gleichzeitiger Nähe zu Hamburg, um in etwa einer knappen halben Stunde in der Innenstadt sein zu können. Meine Frau und ich fahren manchmal mit den Motorrädern durch die Region und genießen die entspannten Landstraßen, die Heidedörfer und die Angebote vieler Hofläden.

Andererseits die norddeutsche Lebensart der Leute. Wie sagt man so schön: wenn dich hier einer wirklich mag, dann spitzt er etwas den Mund, schließt die Augen und nickt dir auf der Straße kurz zu. Dann weißt du, dass du bei dem einen Stein im Brett hast, oder er ist dir wenigstens aber sehr wohlgesonnen. Hat dich hier so ein Urgestein erst in sein Herz geschlossen, dann kannst du auch auf den zählen. Auch beim Pferdestehlen. Wobei ich mir das von Berufs wegen verkneifen sollte. Damit komme ich weitaus besser zurecht als mit der etwa rheinischen Frohnatur. Ich ziehe kühle norddeutsche ehrliche Wertschätzung einer übertriebenen, aber oberflächlichen Freundlichkeit in jedem Fall vor. Das soll bitte nicht heißen, dass ich keine Leute von dort und aus anderen Regionen mag. Im Gegenteil, ich kenne und schätze auch solche sehr. Aber ich stamme von hier und es ist wohl ein Stück weit angeboren oder sozialisiert.

Dein Lieblingsplatz im Landkreis Harburg?

Auf dem Sattel des Motorrads mitten in der Lüneburger Heide. Wenn wir dort auf den gemütlichen Landstraßen in der lauen Sommerluft oder in der goldenen Herbstsonne dahinsegeln, ist das immer wieder aufs Neue ein unheimlich schöner Anblick, voller Ruhe und ein Gefühl von grenzenloser Freiheit.

Dies konkurriert aber durchaus mit Orten an der Elbe, bestimmten Restaurants, Jesteburg und natürlich unserem Zuhause.

Was sollte man im Landkreis Harburg unbedingt einmal ausprobiert haben?

Sämtliche Tierparks, wunderschön gelegen, bewaldet, naturnah angelegt. Heidelbeeren pflücken, den Golfplatz in Buchholz, den Baumwipfelpfad, das Büsenbachtal und natürlich den Brunsberg besuchen.

Was sollten Leute bedenken, die überlegen aus anderen Regionen Deutschlands nach Tostedt / in den Landkreis Harburg zu ziehen?

Leuten aus einer Großstadt sollte bewusst sein, dass hier eine Entschleunigung eintritt. Nicht alle Läden haben von 7-22 Uhr geöffnet, es ist nicht immer alles sofort im Überfluss vor Ort verfügbar. Schnell hat man aber gelernt, dass es darauf auch gar nicht ankommt. Und an Funklöcher muss man sich gewöhnen.

Welche Vorteile bietet das Leben im Landkreis Harburg im Vergleich zu einer Großstadt?

Wir genießen sehr die Möglichkeit landwirtschaftlichen Direktvertriebs, die Ruhe und das „Bodenständige“. Dies bedeutet nicht, dass der einzelne auf persönlichen Luxus verzichten muss. Hier stellt dies allerdings weniger die Armbanduhr und der teure Sportwagen dar, sondern mehr der ausreichende Platz, großzügige Grundstücke, dass man sich gegenseitig kennt und unterstützt.

Der Landkreis Harburg in drei Hashtags?

#frisch. #norddeutsch. #ehrlich.

Möchtest du dauerhaft in Tostedt bleiben oder kannst du dir vorstellen, nochmal woanders hinzuziehen?

Diese Frage lässt sich beruflich – zumindest für die Zeit meiner Bestellung als Notar – ganz einfach beantworten. In dieser Zeit bin ich quasi mit meinem Amtsgerichtsbezirk verheiratet. Die Altersgrenze für das Notaramt liegt zurzeit bei 70 Jahren und ich habe bisher auch nicht vor, dies vorzeitig aufzugeben. Für die Zeit danach, lege ich mich heute lieber noch nicht fest. Wer das Interview allerdings aufmerksam verfolgt hat, der weiß bereits, dass ich mich grundsätzlich nie zu sehr an Orte binde. Das war zumindest bisher so, wir werden sehen…

Vielen Dank für das Gespräch!

Mehr über die Kanzlei unter den Linden erfahrt ihr bei YOJO.

Fotos: © Kanzlei unter den Linden / privat